17. Januar 2018

File­sha­ring über einen Fami­li­en­an­schluss

Der unter anderem für das Urhe­ber­recht zustän­dige I. Zivil­senat hat sich nach einer Pres­se­mit­tei­lung des Bundes­ge­richts­hofs mit Fragen der Haftung wegen der Teil­nahme an Internet-Tausch­börsen befasst. Nach dessen Urteil muss der Anschluss­in­haber den ihm bekannten Täter nament­lich benennen, wenn er eine eigene Verur­tei­lung abwenden will (Az. I ZR 19/16).

Sach­ver­halt

Die Klägerin hat die Verwer­tungs­rechte an den auf dem Musik­album „Loud“ der Künst-lerin Rihanna enthal­tenen Musik­ti­teln inne. Sie nahm die Beklagten wegen Urhe­ber­rechts­ver­let­zung auf Scha­dens­er­satz in Höhe von mindes­tens 2.500 Euro sowie auf Ersatz von Abmahn­kosten in Höhe von 1.379,80 Euro in Anspruch, weil diese Musik­titel über den Inter­net­an­schluss der Beklagten im Januar 2011 im Wege des „File­sha­ring“ öffent­lich zugäng­lich gemacht worden sind.

Die Beklagten haben bestritten, die Rechts­ver­let­zung begangen zu haben, und darauf verwiesen, ihre bei ihnen wohnenden und bereits voll­jäh­rigen drei Kinder hätten jeweils eigene Rechner besessen und über einen mit einem indi­vi­du­ellen Pass­wort verse­henen WLAN-Router Zugang zum Inter­net­an­schluss gehabt. Die Beklagten haben erklärt, sie wüssten, welches ihrer Kinder die Verlet­zungs­hand­lung begangen habe; nähere Angaben hierzu haben sie jedoch verwei­gert.

Entschei­dung des BGH

Das Land­ge­richt München I hatte der Klägerin Scha­dens­er­satz in Höhe von 2.500 Euro und den Ersatz von Abmahn­kosten in Höhe von 1.044,40 Euro zuge­spro­chen und die Klage im Übrigen abge­wiesen. Die dagegen gerich­tete Beru­fung der Beklagten vor dem Ober­lan­des­ge­richt München ist ohne Erfolg geblieben.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revi­sion der Beklagten zurück­ge­wiesen. Im Ausgangs­punkt trägt die Klägerin als Anspruch­stel­lerin die Darle­gungs- und Beweis­last dafür, dass die Beklagten für die Urhe­ber­rechts­ver­let­zung als Täter verant­wort­lich sind. Aller­dings spricht eine tatsäch­liche Vermu­tung für eine Täter­schaft des Anschluss­in­ha­bers, wenn zum Zeit­punkt der Rechts­ver­let­zung keine anderen Personen – etwa die Fami­li­en­an­ge­hö­rigen – diesen Inter­net­an­schluss benutzen konnten.

Zu dieser Frage muss sich der Anschluss­in­haber im Rahmen einer soge­nannten sekun­dären Darle­gungs­last erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Klägerin unbe­kannt sind. In diesem Umfang ist der Anschluss­in­haber im Rahmen des Zumut­baren zu Nach­for­schungen sowie zur Mittei­lung verpflichtet, welche Kennt­nisse er dabei über die Umstände einer even­tu­ellen Verlet­zungs­hand­lung gewonnen hat. Entspricht der Anschluss­in­haber seiner sekun­dären Darle­gungs­last, ist es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urhe­ber­rechts­ver­let­zung spre­chenden Umstände darzu­legen und nach­zu­weisen.

Die Beklagten haben im Streit­fall ihrer sekun­dären Darle­gungs­last nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht ange­geben haben, das ihnen gegen­über die Rechts­ver­let­zung zuge­geben hat. Diese Angabe war den Beklagten auch unter Berück­sich­ti­gung der Grund­rechts­po­si­tionen der Parteien zumutbar.

Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geis­tiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grund­rech­te­charta und Art. 14 GG sowie auf einen wirk­samen Rechts­be­helf nach Art. 47 EU-Grund­rech­te­charta und aufseiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grund­rech­te­charta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berück­sich­tigen und in ein ange­mes­senes Gleich­ge­wicht zu bringen.

Danach ist der Anschluss­in­haber etwa nicht verpflichtet, die Inter­net­nut­zung seines Ehegatten zu doku­men­tieren und dessen Computer auf die Exis­tenz von File­sha­ring-Soft­ware zu unter­su­chen. Hat der Anschluss­in­haber jedoch im Rahmen der ihm oblie­genden Nach­for­schungen den Namen des Fami­li­en­mit­glieds erfahren, das die Rechts­ver­let­zung begangen hat, muss er dessen Namen offen­baren, wenn er eine eigene Verur­tei­lung abwenden will.

Fazit

Das Problem ist die beschrie­bene „sekun­däre Darle­gungs­last“. Es kann demnach vermutet werden, dass der Anschluss­in­haber für die Rechts­ver­let­zung verant­wort­lich ist, wenn über eine seinem Anschluss zuzu­ord­nende IP-Adresse ein geschütztes Werk öffent­lich zugäng­lich gemacht wird. Der Anschluss­in­haber, der geltend macht, jemand anders habe die Rechts­ver­let­zung begangen, trägt inso­weit eine sekun­däre Darle­gungs­last.

Nicht ausrei­chend ist, dass der Inhaber eines Inter­net­an­schlusses, über den eine Rechts­ver­let­zung begangen wird, ledig­lich pauschal behauptet, dass die theo­re­ti­sche Möglich­keit besteht, dass ein in seinem Haus­halt lebender Dritter auf seinen Inter­net­an­schluss Zugriff hat.

Erfor­der­lich ist viel­mehr eine konkrete Darle­gung, dass die den Inter­net­an­schluss nutzenden Fami­li­en­an­ge­hö­rigen ernst­haft als Täter in Betracht kommen.

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